Please touch the elephants!

25. September 2015

Heute mal wieder Reisetag. Nach fast vier Wochen hat sich eine leichte Routine entwickelt, was das Packen angeht. Und da wir heute zum ersten Mal Zug fahren in Indien, muss der Rucksack auch nicht fluggerecht gepackt sein. Ruckizucki erledigt.

Wir frühstücken nochmal exzessiv, shoppen schnell den Rest, holen endlich beim Schneider die Sachen ab und lassen uns zum Bahnhof fahren.

Ja, und Zug fahren in Indien ist dann ein besonderes Abenteuer. Wenn man verstanden hat, was wie funktioniert, ist es nur halb so chaotisch, wie es aussieht: Große Anzeigetafeln, ähnlich wie am Flughafen, geben Infos für die nächsten Zugverbindungen an, die verschiedenen Klassen stehen groß und lesbar draussen an den Wagons und wenn man ein reserviertes Ticket hat, braucht man nur Zug und Wagon suchen und prüfen, ob der eigene Name auf der ausgedruckten Passagierliste, die neben der Wagontür klebt, steht. Drinnen dann abteilartige Unterteilungen einerseits mit insgesamt sechs Betten, drei auf jeder Seite übereinander, das unterste zum Sitzen, das mittlere eingeklappt und das oberste zum Schlafen, und ein langer Gang auf der anderen Seite an allem vorbei mit nochmals je zwei Betten pro Abteil übereinander. Die Sitzordnung für die unterste Bank ist lose nach den Zugtickets gerichtet. Familien wollen zusammen sitzen, dann tauscht man eben. Und irgendein Inder schläft immer auf dem obersten Bett.

Trotz der Liegemöglichkeit werden die sieben Stunden von Udaipur nach Jaipur, die heute auch noch neun Stunden dauern, lang. Richtig lang. Ich kann am Ende kaum mehr sitzen. Aber wenigstens hab ich fast mein Buch durch. Zwischen all dem Schlafen natürlich.

Am Bahnhof in Jaipur dann ein etwas anderes Bild. Menschenmengen liegen schlafend im und am Bahnhof, in der Hoffnung eines der ultragünstigen Zugtickets zu ergattern, die oftmals storniert werden. Ratten laufen über die Gleise. Was für ein Empfang. Eigentlich sollte uns jemand vom Hotel abholen. Das funktioniert leider auch nicht. Wir organisieren uns also wieder selbst und kämpfen völlig erledigt mit den verrückten Rikschafahrern. Heute besonders frech.

Im Hotel heute die Starbesetzung. Angeblich war ein Fahrer da. Allerdings wird nachts anscheinend am englisch sprechenden Personal gespart. Auch das kennen wir schon. Es ist noch Nebensaison. Vielleicht liegt es daran. Vielleicht war als doch kein Fahrer da. Unsere Männer sind völlig ausgehungert und ordern was zu Essen. Wir Mädels sind drüber. Duschen und Bett. Mehr passiert bei uns nicht mehr.

26. September 2015

Dafür passt heute beim Frühstück mehr rein als sonst. Ich bin völlig ausgehungert. Das Hotel hat einen Innenhof mit Pool, da wird auch gegessen. Jaja, das Leben ist schön.

Laut Schlachtplan für Jaipur machen wir heute die Altstadt unsicher. Jaipur wird auch „die pinke Stadt“ genannt. Das Pink ist allerdings eher so ein angestaubtes rostrotes Terracotta und eigentlich wurden auch nur die Häuser an der Hauptstrasse angemalt. Sieht trotzdem schön aus. Allerdings ist die Stadt das totale Chaos. Und das Wetter… Wird es hier niemals kühler?!

Wir schlängeln uns durch die Strassen und Gassen. Straßenzüge sind nach Händlern sortiert: Steinmetze, Gewürzhändler, Schmuckhändler, Stoffhändler, usw. Auf den Basaren gibt es alles zu kaufen.

Wir besteigen das Minarett Isarlat und geniessen die Aussicht. Ich mach das fast in jeder Stadt, einmal von soweit oben drauf schauen, wie möglich. Ist auch für die Orientierung ganz hilfreich. Jetzt erkennt man ziemlich genau, was hier pink ist und wo die Farbe nicht mehr gereicht hat. Von hier aus ziehen wir weiter zum Jantar Mantar. Wörtlich heißt das „magisches Instrument“. Erbaut von Maharaja Jai Singh II. ist es die größte von insgesamt fünf Sternwarten, die er bauen ließ. Hier dienen 14 nach astronomischen Gesichtspunkten entworfene Bauwerke zum Messen der Zeit, Bestimmung von astronomischen Höhen, Eklipsenbahnen usw. Die Hälfte ist so physikalisch, dass ich es nicht wirklich verstehe. Aber beeindruckend sind die bizarren Bauten. Die Sonnenuhr ist auf zwei Sekunden genau und 27 Meter hoch. Nicht schlecht. Der ganze Komplex gehört inzwischen zum UNESCO-Welterbe. Ich verstehe sofort warum. Wenn man sich überlegt, zu welcher Zeit (Anfang des 17. Jahrhunderts) das erbaut und durchdacht wurde. Genial.

Die nächste Station für heute ist der Hawa Mahal, der Palast der Winde. Als Teil des Stadtpalastes diente dieses Lustschloss den Haremsdamen als Ausblick auf das Treiben auf der Strasse ohne selbst gesehen zu werden. Dafür sind in der Fassade des sehr flachen Gebäudes unzählige winzig kleine Fenster eingelassen, die außerdem ein wenig die Luftzirkulation unterstützen. Daher auch der Name. Alles in allem eine wunderbar luftige und lichtdurchflutete Angelegenheit und definitiv einen Besuch wert.

Anschließend wechseln wir per Rikscha den Standort. So wie Julia Synagogen aufspürt, findet Mama Buchläden, der alte Bücherwurm. Und in einer kleinen Shoppingmall etwas abseits der Altstadt soll laut Reiseführer ein sehr schöner sein. Da fahren wir doch mal vorbei. Es lohnt sich tatsächlich. Große Auswahl und interessante Bücher für fast jeden Geschmack. Da entdecken wir alle irgendwas zum schmökern und verkrümeln uns in den Leseecken. In einem Laden drüber können wir gerade noch ein paar Mitbringsel shoppen. Indische Kleidung zum fairen Preis, allerdings richtig gute Qualität. Ich kaufe mir einen Morgenmantel. Wird das schön, wenn ich in Deutschland mit dem indischen Morgenmantel frühstücke. Sinnvolle Andenken kauf ich am liebsten. Zu guter letzt gibt es heute richtig gute italienische Küche. Pizza hat mir irgendwie gefehlt. Merke ich aber erst jetzt. Nach vier Wochen reisen stellen sich also erste Gelüste ein. Currywurst mit Pommer in Indien zu finden wird aber wahrscheinlich etwas schwierig werden.

Zurück im Hotel widme ich mich der Internerecherche bezüglich Ashram und Yoga. Würde mich gerne für zwei (?) Wochen irgendwo einmieten. Was ich dann allerdings so lese verdirbt mir den Spass daran. Strenger Zeitplan, an den man als Gast im Ashram gebunden ist, keine Zigaretten und gruselige Geschichten von anderen Reisenden. Ich finde einen in Südindien, der sich wirklich nett anhört und schreib ihn an. Mal schauen, was die zu meinen Yogafragen sagen.

27. September 2015

Da ich mich im Zug erkältet habe und jetzt mit Hals-, Kopf- und Gliederschmerzen kämpfe, lasse ich das morgendliche Schwimmen ausfallen. Mir ist eklig. Krank bei 35 Grad ist nicht so lustig. Ich lese und recherchiere mir die Finger wund. Indien ist zu gross. Ich will alles sehen. Von A nach B zu kommen dauert Stunden und das Internet ist langsam. Außerdem weiß ich immer noch nicht, wie das mit dem allein reisen so wird. Ich bin schrecklich aufgeregt und versuche mich immer wieder mit ablenken. Manchmal klappt es, manchmal werde ich panisch. Sämtliche Horrorgeschichten und vermeintlichen Ratschläge sitzen fest in meinem Hinterkopf. Die muss ich irgendwie rauskriegen. Ich glaub, sonst dreh ich noch durch.

Gegen mittag fahren wir zum Basar. Julia braucht noch Geschenke und ich soll verhandeln. Dafür brauch ich Zeit und Ruhe. Aber es klappt. Die indischen Männer sind zunehmend amüsiert. Wir zufrieden mit unseren Einkäufen.

Während wir Mädels noch shoppen, knüpfen die Männer Kontakte. Eine Rikschafahrer würde uns zum Amber Fort fahren, ein riesiges Fort nahe Jaipur, was wir heute nachmittag sowieso auf dem Plan hatten und uns vorher noch bei einem Elefantendorf vorbei bringen. Zu einem vernünftigen Festpreis. Wir sind spontan und sortieren uns zu fünft in die Rikscha. Gar nicht so einfach, aber die Inder schaffen das sogar mit neun Leuten. Es geht über die Autobahn, oder so etwas ähnliches, raus aus der Stadt. Nochmal kurz rechts abbiegen und da stehen die Dickhäuter. Oh-mein-Gott!!! Sind die süß!!! Ich bin sofort verliebt. Aber groß sind sie auch. Wir dürfen beim Füttern und futtern zu schauen und anfassen. Ja, wenn wir schonmal hier sind. Meiner freut sich, als ich seinen Rüssel kraule und schlackert verrückt mit den Ohren. Den nehme ich! Die Elefanten hier haben heute Pause und dürfen ausruhen. Sonst werden sie für Touristenreiten vermietet und keine Ahnung was noch. Wir könnten reiten, gönnen ihnen aber ihren freien Tag. Das ist dann doch zuviel des Touriquatsches. Und die Gelegenheit kommt schon nochmal, wenn ich möchte. Ich guck lieber und streichel noch ein bisschen. Was haben die tolle Wimpern!

Am Fort angekommen ist dort die Hölle los. Heute freier Eintritt. Ganz Indien ist da. Wir machen uns auf den Weg. Vom Parkplatz bis auf den Hügel, auf dem das Fort steht, ist es ein sonniger Weg. Diese Hitze schafft mich noch. Das Fort selbst hat nicht zuviel versprochen. Riesig und sehr gut erhalten mit sagenhafter Aussicht ins Umland. Wir verbringen Stunden hier. Und versuchen uns gegen indische Fotoapparate zu verteidigen. Irgendwer knippst aber auch immer.

Neben dem Fort liegt ein See, an dem heute wieder ganeshmäßig gefeiert wird. Aber wie. Die Wiese leuchtet in allen Farben – noch mehr Farbpulver – und die Musik dröhnt. Wir halten auf unserem Weg zurück in die Stadt mit sicherem Abstand. Hier toben die Inder. Und das ist einer der kleineren Orte, an denen gefeiert wird. In Mumbai bricht sicher gerade die Hölle los.

Zurück in Jaipur verabschieden wir uns von unserem Fahrer. Der hat wirklich gute Arbeit geleistet. Und ist einer von der netten Sorte. Papa hat sich mit ihm angefreundet und ist glaub ich kurz davor ihn zu adoptieren.

Dafür haben wir nur jetzt grad keine Zeit. HUNGER!!! Wir suchen uns was zu essen. Ein indisches Restaurant, das Essen ist gut…aber die Rechnung. Nicht die Höhe, es werden ca. 10 Steuerarten ausgewiesen. Sandwichsteuer?! Nie gehört. Und irgendwas mit Service? Ok, dann also kein Trinkgeld. Der Kellner allerdings sieht das anders. Er weißt freundlich daraufhin, dass kein Trinkgeld enthalten wäre. Frechheit. Ich zeige ihm die Servicecharge. Er diskutiert. Jetzt gibt es erst recht nichts. Unglaublich. Wir gehen kopfschüttelnd. Gäste zum Trinkgeld nötigen. Nette Methode.

Bevor wir packen machen wir noch einen Plan für Delhi, unsere nächste Station. Da geht es morgen mit dem Zug hin. Das wird glaub ich nochmal eine völlig andere Nummer, als alles bisherige in Indien.

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