heisse Phase

Tief aus dem Bauch heraus verbreitet sie sich langsam aber beharrlich. Ehe ich noch lange nachdenken kann, hat sie mich in Beschlag genommen. Versucht mich verrückt zu machen und lässt mich hektisch durch die To-Do-Listen blättern, nur um dann einmal mehr fest zu stellen, dass es da immer noch zuviel zu tun gibt. Und am Besten jetzt, sofort, schnell. Schneller!!! Hallo Panik. Da bist Du ja endlich. Ich hab schon fast ein bisschen auf Dich gewartet. Nein, nicht vor dem Abflug. Mein Grinsen beim Gedanken daran und die immer wieder aufkeimende und spontan aus mir heraus quellende Vorfreude nervt mittlerweile vor allem meine lieben, und die weniger lieben erst recht, Kollegen. Sondern vor den letzten 60 Tagen. Wegen all dem, was ich noch glaube erledigen zu müssen, wollen, können. Leider kollidiert das mit der nicht vorhandenen Zeit. Angefangen hat alles schleichend, langsam, vor etwa drei Wochen mit diversen körperlichen Ausfallerscheinung (nicht zu verwechseln mit altersbedingten Verfallserscheinungen) nach einer Vielzahl an Impfungen. Sogar die aller seltensten Nebenwirkungen fanden einen Weg sich durchzusetzen – ich bin eben doch was Besonderes – von der übermäßigen Müdigkeit und Abgeschlagenheit mal ganz zu schweigen. Der ganze Spass gipfelte in einer Samstag nachmittäglichen Selbst-ist-die-Frau-und-ab-September-muss-ich-da-auch-allein-durch-Fahrt in die nächstgelegenste Notaufnahme. Während ich mich vor Magen- und Nierenschmerzen kaum noch halten konnte, war die erste Frage des Arztes, ob ich nicht vielleicht einfach nur zuviel gefeiert hätte. Das ich nicht noch mit dem Zeigefinger die Nasenspitze berühren sollte, war alles. Viel hilfreicher sollte die Behandlung aber auch nicht mehr werden. Den professionellen Teil der Ursachenforschung erledigte in der darauf folgenden Woche mein Hausarzt. Der schloss allerdings alle möglichen Uraschen aus und am Ende alles auf meinen Impfmarathon. Und damit wir jetzt wirklich sicher sein können, dass sonst nichts ernstes ist, machen wir demnächst schnell noch eine kleine Magenspiegelung. Ich freu mich. Nachdem ich mich irgendwann der körperlichen Verfassung geschlagen geben musste, blieben tatsächlich und vermeintlich wichtige Dinge auf der Strecke oder kamen zu kurz. Stattdessen hab ich mich auf’s Schlafen fokussiert. Und auf’s kürzer treten. Voll mein Ding. Runterfahren in einer Zeit, in der meine To-Do-Listen aus allen Nähten platzen? Konnte ich schon immer total gut. Jetzt gerade s(chw)itze ich in Hamburg – von wegen kühler Norden. Die Lage hat sich wieder beruhigt und die schlimmsten Impfungen sind überstanden. Ich versuch dann mal meine Panik einzufangen. Mich ein bisschen zu sortieren. Auftanken. Anlauf nehmen für den Endspurt und die Zielgerade. Seien das die Vorbereitungen für den Abflug – ganz ohne Visa geht es nun mal nicht – oder der normale Wahnsinn auf der Arbeit. Trotz oder gerade wegen der abgezählten Zeit kann ich beruflich jetzt auch nicht „alles einfach mal entspannt sehen, weil ich ja eh bald weg bin“. So jedoch der wiederholte und dennoch unbrauchbare Ratschlag von Freunden und Kollegen. Fünf war für mich noch nie gerade. Die Energie, diese Einstellung auf die letzten vier Wochen zu ändern, kann ich mir getrost sparen. Lieber in die lösbaren Aufgaben investieren und damit die dritte „Baustelle“: die angenehmen Dinge des Lebens. All die vielen Sachen, die ich noch bis September machen möchte, weil ich entweder die Mitmacher ein Jahr nicht sehe oder ich mit den Mitmachern einfach nochmal was machen möchte. Inzwischen bin ich mir ziemlich sicher, die letzten 60 Tage werden alles andere als ruhig. Denn die heiße Phase hat nicht nur auf dem Thermometer begonnen. Aber ich bin fest entschlossen den letzten Wochen in der Heimat und in Hamburg mit all ihren verpflichtenden Notwendigkeiten mindestens genauso viel Leben zu verpassen! Und deshalb werde ich gleich heute Abend zusammen mit Elé den Punkt „Reeperbahn rauf und runter tanzen“ von der Liste streichen. Und kommende Woche „endlich mal wieder Geburtstag feiern, mit dem glücklichsten aller Quiddchen“. Nicht nur Organisatorisches und Arbeit, auch der Spass darf systematisch abgearbeitet werden. Muss ja alles ausgewogen bleiben, so für das innere Gleichgewicht. Dann verkriecht sich auch die Panik wieder.

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